Betreff
Lärmproblematik im Innenstadtbereich
Vorlage
FB 3/012/2010
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Verwaltungsausschuss beschließt:

 

1.          Vom Sachstandsbericht und den von der Verwaltung aufgezeigten Lösungsmöglichkeiten wird Kenntnis genommen.

 

2.          Das Landratsamt Nürnberger Land in seiner Eigenschaft als Bauaufsichtsbehörde wird aufgefordert

 

-          unverzüglich zu überprüfen, ob die tatsächliche Nutzung des ACID-Clubs auch der genehmigten Nutzung entspricht

 

-          für den Fall, dass eine rechtswidrige Nutzung vorliegt, muss diese dahingehend unverzüglich untersagt werden.

 

 

3.          Für den Fall, dass sich die Nutzung wider erwarten als rechtmäßig herausstellt oder dass trotz eingeleiteter Maßnahmen des Landratsamtes keine Besserung des Zustandes herbeigeführt wird, wird die Verwaltung beauftragt – auch in Absprache mit den Beteiligten – ein Konzept zur Kontrolle des Innenstadtbereiches durch einen Sicherheitsdienst oder einen kommunalen Ordnungsdienst zu erarbeiten.

 

 

Die Verwaltung wird seit geraumer Zeit mit einer intensiven Häufung von Lärmbeschwerden der Anwohner des Marktplatzbereiches konfrontiert. Diese Lärmbeschwerden und auch Probleme mit Vandalismus und Sachbeschädigung sollen nach Angaben der Beschwerdeführer in erster Linie mit der Eröffnung des ACID-Clubs zusammenhängen, bzw. seit dessen Eröffnung deutlich zugenommen haben.

 

 

1. Bisheriger Sachverhalt:

 

Der BAS hat in seiner Sitzung am 01.12.2009 einstimmig das gemeindliche Einvernehmen (§ 36 BauGB) für die Nutzungsänderung eines Ladens in eine Gaststätte / Bar erteilt.

 

Nach einem längeren Genehmigungsverfahren – dessen Verzögerung jedoch einzig durch den Bauherrn zu vertreten war – wurden sowohl die entsprechende Baugenehmigung, als auch die gaststättenrechtliche Erlaubnis seitens des Landratsamtes erteilt und der Betrieb wurde am 16.04.2010 aufgenommen. Der Stadtrat wurde über die Einzelheiten bereits in der Sitzung am 29.04.2010 informiert.

 

Mit Schreiben vom 28.07.2010 wurde der Verwaltung erstmals eine Beschwerde über nächtliche Ruhestörung und Vandalismus vorgelegt. Diese wurde von 17 Anwohnern des Marktplatzbereiches unterzeichnet.

 

Auf Grund dieser Beschwerde wurde entsprechend Kontakt mit der Polizei und auch dem Betreiber des ACID-Clubs aufgenommen.

 

Die Polizei teilte der Verwaltung deren Erkenntnisse mit. In der Zeit vom 20.06.2010 bis 18.07.2010 wurden dort 5 Einsätze registriert, die kausal mit dem ACID-Club und entsprechender Ruhestörung zusammenhängen. Hierbei gilt es jedoch auch zu berücksichtigen, dass ein Einsatz zur Zeit des Kunigundenfestes, ein Einsatz zur Zeit der Fußball-Weltmeisterschaft und zwei Einsätze in der Zeit der Haberloh-Kirchweih zu verzeichnen waren, was bei der Wertung zu berücksichtigen war.

 

Mit dem Betreiber wurde in einem persönlichen Gespräch vereinbart, dass während der Öffnungszeiten des ACID-Clubs ein Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes ständig vor dem Eingangsbereich des Lokals präsent ist. Dieser soll auf die Besucher entsprechend einwirken und ggf. unverzüglich die Polizei verständigen, sollte es zu Problemen kommen. Weiterhin wurde vereinbart, dass im Eingangsbereich des Lokals ein Plakat aufgehängt wird, welches auf die Gäste einwirken soll, sich beim Verlassen des Lokals entsprechend ruhig zu verhalten, um Lärmbelästigungen für die Nachbarschaft zu vermeiden. Ebenso sollte mit Handzettel auf diesen Umstand hingewiesen werden.

 

Mit der Polizei ist die Verwaltung dahingehend verblieben, dass innerhalb eines entsprechenden Zeitraumes die Wirkung dieser Maßnahmen überprüft werden sollen, ob diese den erhofften Erfolg herbeigeführt haben.

 

Wegen dieser bestehenden Problematik initiierte der Betreiber des Lokals eine Gesprächsrunde. Diese fand am 16.08.2010 statt. Anwohner, Gäste des Clubs, Vertreter der Verwaltung und des Stadtrates nahmen an diesem Gespräch teil.

 

In der Diskussion kristallisierte sich heraus, dass keinesfalls bestritten wird, dass es im Bereich der Innenstadt schon immer Lärmbelästigungen und auch Vandalismus gegeben hat. Nach Ansicht der Anwohner ist eine Zunahme von Lärm und Sachbeschädigungen seit der Eröffnung des ACID-Clubs nicht von der Hand zu weisen, da dieser vor allem Anziehungspunkt für junge Menschen sei.

 

Seitens der Stadtverwaltung wurde als Ergebnis dieses Gesprächs zugesichert, dass Lösungsmöglichkeiten gefunden werden müssen, die zu einem Interessensausgleich beider Seiten führt. Im Zuge der Lösungsfindung wurden Polizei und Streetworker um eine entsprechende Einschätzung der Sachlage gebeten.

 

Am 23.09.2010 wurden dem Ersten Bürgermeister von Vertretern einer gegründeten Initiative („Initiative gegen Ruhestörung, Randale und Vandalismus in der Nachbarschaft des ACID-Club“) eine erneute Unterschriftenliste übergeben. Diese wurde von insgesamt 135 Eigentümern, Anwohnern, Geschäftsleuten aus Einzelhandel, Gastronomie, Banken, Apotheken und Büros unterzeichnet. Die Unterzeichner verlangten mit dieser erneuten Aktion zielführende Maßnahmen der Stadtverwaltung zur Beseitigung der unerträglichen Zustände.

 

Die Polizeiinspektion Lauf a.d.Pegnitz konnte im Jahr 2010 bisher 12 reine Lärmfälle im Bereich des Marktplatzes feststellen; hiervon 10 Fälle mit konkretem Bezug zum ACID-Club. Im Jahr 2010 gingen insgesamt 42 Mitteilungen bei der Polizei ein, die sich im Bereich des Marktplatzes abspielten, wovon 23 Mitteilungen einen Bezug zum ACID-Club aufwiesen.

 

Im Jahr 2009 gingen bei der Polizei Lauf insgesamt 36 Mitteilungen ein, wovon eine Mitteilung dem Kriterium „Lärm“ zugeordnet wurden.

 

Der Polizei wurde jedoch oft nur der ACID-Club von den Anrufern als Verursacher genannt. Ob der Lärm tatsächlich in direktem Zusammenhang mit den Besuchern des Clubs steht, konnte nicht immer einwandfrei festgestellt werden.

 

In der Nacht vom 02.10.2010 auf den 03.10.2010 wurde der Innenstadtbereich in der Zeit von 23:00 Uhr bis 03:00 Uhr von Herrn EPHK Losse bestreift. Dabei wurde festgestellt, dass sich in Spitzenzeiten bis zu 20 Personen vor dem ACID-Club aufhielten (Raucher). Diese befanden sich innerhalb der Arkaden des ehemaligen HEKA-Gebäudes. Durch die Bauweise wird eine konzentrierte Ausweitung des Lärms begünstigt. Es genügen – so die Einschätzung der Polizei – bereits fünf bis zehn Personen, die sich in relativ normaler Lautstärke unterhalten, dass sich ein unangenehmer Geräuschpegel entwickelt, der zum Teil über den gesamten Marktplatz wahrzunehmen ist.

 

Teilweise nutzen die Gäste auch die bestehende Außenbestuhlung einer anderen Gaststätte, deren Besucher sich ebenfalls zum Rauchen im Außenbereich aufhalten. Weiterhin wurde festgestellt, dass sich auch in den übrigen Gaststätten auf dem Marktplatz und den umliegenden Bereichen immer wieder Gäste zum Rauchen vor den Gaststätten aufhalten. Den dort festgestellten Lärmpegel stuft die Polizei ebenfalls als störend ein.

 

Letztendlich kommt die Polizei zu der Einschätzung, dass die von der Verwaltung vorgeschlagenen Lösungsmöglichkeiten zur Überwachung des Marktplatzes durch die Polizei, einen Sicherheitsdienst oder einen kommunalen Ordnungsdienst (vgl. Nr. 3.2.2) zur Lösung der Lärmproblematik vermutlich nicht gewünschten Erfolg erzielen werden, bzw. den entstehenden Lärm nicht eindämmen können. Eine Unterhaltung zwischen mehreren Personen in normaler Lautstärke kann nicht Anlass polizeilichen Einschreitens sein.

 

 

2. Rechtliche Würdigung des bisherigen Sachverhalts:

 

2.1 Baurecht:

 

2.1.1 Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens

 

Die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 BauGB ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Bereich des Marktplatzes liegt im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB). Die Art der baulichen Nutzung entspricht einem Mischgebiet (§ 6 BauNVO). Die Nutzung eines Objekts als Gaststätte / Bar entspricht den baurechtlichen Vorschriften, weshalb das gemeindliche Einvernehmen nicht rechtmäßig hätte versagt werden können.

 

Die Verwaltung hat sich bei der Beurteilung des Vorhabens auch auf eine schriftliche Stellungnahme des Betreibers bezogen. Dort wurde versichert, dass die Musik im Barbereich mit der in den anderen Bars am Marktplatz vergleichbar sei. Weiterhin wurde ausdrücklich versichert, dass kein Diskothekenbetrieb stattfinden wird.

 

Eine Versagung des Einvernehmens hätte lediglich zur Folge gehabt, dass das Landratsamt als Baugenehmigungsbehörde im Genehmigungsverfahren dieses rechtswidrig versagte Einvernehmen ersetzt hätte.

 

 

2.1.2 Erteilung der Baugenehmigung

 

Nachdem dem Vorhaben nach Abschluss des Genehmigungsverfahrens keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften mehr entgegen standen, musste die Baugenehmigung schließlich erteilt werden (kein Ermessensspielraum).

 

 

2.2 Gaststättenrecht:

 

Erteilung der gaststättenrechtlichen Erlaubnis:

 

Ähnlich wie bei der Baugenehmigung verhält es sich mit der Erteilung der Erlaubnis nach § 2 des Gaststättengesetzes. Auch hier hatte das Landratsamt als Genehmigungsbehörde keinerlei Ermessensspielraum, da Versagungsgründe, die gegen eine Erlaubnis gesprochen hätten, im Verfahren nicht ersichtlich waren (insbesondere § 4 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 GastG).

 

Vor allem in Bezug auf die örtliche Lage des Betriebs waren Gründe, die gegen eine Erlaubnis gesprochen hätten nicht bekannt. Hier wird bei der Prüfung von etwaigen Versagungsgründen auf eine eventuelle bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit abgestellt, die – wie dargestellt – nicht gegeben war.

 

 

Somit bestand seitens des Antragstellers ein (einklagbarer) Rechtsanspruch sowohl auf Erteilung der Baugenehmigung, als auch der gaststättenrechtlichen Erlaubnis.

 

 

 

 

 

 

 

 

3. Lösungsmöglichkeiten auch unter Würdigung der erteilten Genehmigungen

 

3.1 Baurecht

 

Die vom Landratsamt am 11.03.2010 erteilte und im Amtsblatt Nr. 6 vom 02.04.2010 bekanntgemachte Baugenehmigung enthielt die Genehmigung einer Nutzungsänderung einer Verkaufsfläche in eine Gaststätte / Bar, wie sie auch vom Betreiber beantragt wurde.

 

Literatur und Rechtsprechung gehen beim Grundtyp der Schank- und Speisewirtschaft davon aus, dass diese vom Ausschank von Getränken und dem Verzehr von zubereiteten Speisen geprägt sind. Ob eine besondere Betriebsart vorliegt, ist am Gesamtgepräge der Gaststätte zu messen.

 

Die Verwaltung ist auf Grund der ermittelten Erkenntnisse jedoch der Ansicht, dass seitens des Landratsamtes eine Überprüfung stattfinden muss, ob die tatsächliche Nutzung auch der genehmigten Nutzung entspricht, da nach Auffassung der Verwaltung keine typische Gaststätte, sondern ein mindestens diskothekenähnlicher Betrieb stattfindet, welcher baurechtlich als Vergnügungsstätte eingestuft wird. Das Landratsamt wurde mit Schreiben vom 29.09.2010 auf diese Erkenntnis hingewiesen.

 

Nach Auffassung der Verwaltung wird der ACID-Club maßgeblich durch entsprechende Musikleistungen geprägt. Hierfür sprechen Aspekte wie eine großdimensionierte Musik- und Lichtanlage, das Auftreten eines DJ´s, die langen Öffnungszeiten, eine große Tanzfläche und auch entsprechende Werbung der Gaststätte. Auch die im Internet teilweise veröffentlichen Videos, die im ACID-Club aufgezeichnet wurden, sprechen eindeutig für eine andere als die beantragte und genehmigte Nutzung.

 

Am 14.10.2010 findet deshalb ein Gespräch mit dem Landratsamt statt. In diesem Gespräch soll das Landratsamt hingewiesen werden, dass es primär Aufgabe der Bauaufsichtsbehörde ist, die in der Baugenehmigung beantragten Auflagen und auch die tatsächliche Nutzung des Objekts zu überprüfen, um dann ggf. die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen.

 

 

 

3.2 Weitere Lösungsmöglichkeiten:

 

Eine Videoüberwachung des Marktplatzbereiches kann auf Grund der datenschutzrechtlichen Bestimmungen seitens der Stadt Lauf a.d.Pegnitz nicht erfolgen. Ebenso scheidet die Videoüberwachung seitens der Polizei aus, da auch hierfür die Voraussetzungen nicht vorliegen.

Weiterhin wäre denkbar, den Innenstadtbereich vor allem in den Nachtstunden durch einen privaten Sicherheitsdienst oder einen kommunalen Ordnungsdienst zu kontrollieren. Eine permanente Kontrolle seitens der Polizei ist nicht möglich.

 

 

Eine Regelung bezüglich der Sperrzeit kann derzeit nicht getroffen werden. Hierfür liegen zu wenig konkrete Anhaltspunkte vor, die einen solchen Eingriff rechtfertigen würden. Hier wäre es mindestens erforderlich, dass entsprechende Lärmmessungen stattfinden und eventuell übermäßiger Lärm auch dem ACID-Club zugeordnet werden kann.

 

 

Bauliche Veränderungen am Objekt sind auch nur schwer zu realisieren. Eine Verkleidung des Arkadenbereiches oder auch eine Kabine für Raucher auf der Dachterrasse gelten als Raucherraum und sind nach dem neuen Gesundheitsschutzgesetz nicht zulässig.

 

 

 

 

 

4. Fazit

 

Die Verwaltung ist – wie ausführlich geschildert – der Auffassung, zur Lösung der bestehenden Problematik an das Landratsamt heranzutreten. Ein Tätigwerden der Stadt Lauf a.d.Pegnitz in ihrer Eigenschaft als Sicherheitsbehörde ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht veranlasst.

 

Sollte auch nach dem Vollzug baurechtlicher Maßnahmen keine Besserung der Situation eintreten, wäre ein ordnungsrechtliches Einschreiten der Stadtverwaltung in Betracht zu ziehen.