Betreff
Einführung der gesplitteten Abwassergebühr,
Beratung und empfehlende Beschlussfassung zum weiteren Vorgehen mit
Vorstellung unterschiedlicher Möglichkeiten
Vorlage
FB 2/037/2018
Aktenzeichen
634/FB 2/Wk
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Verwaltungs-, Finanz- und Personalausschuss empfiehlt dem Stadtrat wie folgt zu beschließen:

 

1. Der laufende Kalkulationszeitraum von bisher drei Jahren (2016-2018) wird um ein Jahr bis 31.12.2019 verlängert. Damit gilt für die Kanalgebührenabrechnung des Jahres 2019 (im Januar/Februar 2020) letztmalig die Gebühr von 2,70 Euro pro Kubikmeter verbrauchten Frischwassers.

Im Laufe des Jahres 2019 werden die Kalkulationsgrundlagen (Anlagenachweise, kalkulatorische Kosten, Frischwasser-/Niederschlagswassermaßstab) ermittelt, angepasst und angewandt auf eine dann durchzuführende Gebührenkalkulation, die ab dem Jahr 2020 gilt und auf einen vierjährigen Zeitraum (bis 2023) abstellt.

 

2. Vor einer endgültigen Entscheidung über den künftigen Gebührenmaßstab ist die maßgebliche 12%-Grenze konkret in einem ersten Schritt durch ein Fachbüro zu ermitteln.

Das Ergebnis ist dem Stadtrat vorzulegen;  dieser entscheidet anschließend über die Kalkulationsmethode/den Gebührenmaßstab.

Mit diesem Vorgehen wird der vorliegende Fraktionsantrag der Freien Wähler, CSU, FDP vom 22.05.2018 obsolet.

I. Aus der letzten Stadtratssitzung am 26.07.2018 heraus ergaben sich für die Verwaltung folgende Aufträge:

1. Darstellung der Ermittlung der 12%-Grenze

2. Darstellung der Alternativen zur Flächenermittlung und Berechnung der Gebühr

Dabei sollte in jedem Fall die „einfachste“ Methode aufgezeigt werden.

Der Verwaltungs-, Finanz- und Personalausschuss war zudem beauftragt worden, danach über das weitere Vorgehen zu entscheiden.

 

Um Informationen aus der Praxis zu erhalten wurde zur heutigen Sitzung Herr Dipl. Ing. Jörg Maier aus der Stadtverwaltung der Stadt Schwabach eingeladen; er wird über den Entscheidungsfindungsprozess und die tatsächliche Umsetzung in der Stadt Schwabach berichten.

 

Zu 1. Ermittlung 12%-Grenze

Wie bereits ausführlich erläutert (Sitzungsvorlagen Januar 2018 und Mai 2018) ist die Aufteilung der Abwassergebühr auf Schmutz- und Niederschlagswasser dann rechtlich unumgänglich, wenn die Kosten der Niederschlagsentwässerung über 12 % des gebührenfähigen Gesamtaufwands liegen.

Dazu müssen also die (jährlichen) betriebswirtschaftlich ansatzfähigen Kosten ermittelt, nach Schmutz-, Niederschlags- und Straßenwasser getrennt und ins Verhältnis gesetzt werden.

 

Vereinfacht dargestellt (am Beispiel des Jahres 2016) ergeben sich beispielsweise

(Vergleiche Kommentierungen: anerkannte, pauschalierte Aufteilung GK 100 %, SW 50 %, NW 25 %, SEA 25 %)

 

- anzusetzende Gesamtkosten                                     4.483.502 Euro

- gebührenfähige Gesamtkosten (SEA abgezogen)     3.741.477 Euro

- darin Anteil Schmutzwasser                                       3.069.773 Euro

           Anteil Niederschlagswasser                              1.413.729 Euro (GSE + SEA)

- abzuziehender Straßenentwässerungsanteil

  (nicht gebührenfähig)                                                    742.025 Euro

è Verhältnis Niederschlagswasser zu Schmutzwasser          17,95 %

 

Für diesen Prozentsatz kann keine Gewähr gegeben werden, zumal die Berechnung zwar dem Grunde nach den KAG-rechtlichen Vorgaben (vgl. auch Rechtsprechung, Praxiskommentare Dr. Thimet/Wuttig, Schima/Bosch und Geschäftsberichte BKPV u.a.) entspricht, andererseits aber vorerst nur ein Jahr betrachtet wurde.

 

Je nachdem, mit welchem Prozentsatz die gebührenfähigen Kosten anteilig zu Schmutz- oder Niederschlagswasserbeseitigung gerechnet werden müssen, umso mehr verändert sich die Erheblichkeitsgrenze è zur Verdeutlichung:

 

Aufwand

Euro

GK  100 %

4.483.502

GK gebührenfähig 100 %

3.741.477

SW, überwiegend 65 %

3.069.773

NW, überwiegend 35 %

1.413.729

SEA aus NW

   742.025

Verhältnis NW zu SW

17,95291 %

 

Aufwand

Euro

GK  100 %

4.483.502

GK gebührenfähig 100 %

3.798.700

SW, 65/90/100 %

3.246.975

NW, 35/10 %

1.236.527

SEA aus NW

   684.802

Verhältnis NW zu SW

14,52404 %

                                                                            Gerade diese Zuordnung der einzelnen Positionen zu den Kostenarten ist aber aktuell (noch) nicht genauer darstellbar.

Insbesondere ist der dafür heranzuziehende Anlagenachweis für das Vermögen des Abwasserbetriebes zwar grundsätzlich vollständig, jedoch ist die o.g. prozentuale Aufteilung für die kalkulatorischen Kosten noch nicht abschließend festgestellt, so dass diese Werte in jedem Fall noch angepasst werden müssen.

Allerdings – und das zeigt sich bereits überschlägig – werden die tatsächlichen Beträge der fraglichen Jahre (für die vorzunehmende Nachkalkulation 2016 bis 2018/19 und Vorkalkulation über weitere vier Jahre) weiter nach oben anzupassen seien (insbesondere wegen der noch zu ermittelnden kalkulatorischen Kosten), wodurch das prozentuale Verhältnis ebenfalls signifikant steigen wird.

 

Hierzu empfiehlt sich in jedem Fall die Inanspruchnahme fachkundiger Unterstützung, wie dies ja bereits grundsätzlich beschlossen, wenn auch bisher in der Umsetzung ausgesetzt, wurde (Ermittlung der 12%-Grenze ist Vertragsbestandteil).

 

 

Zu 2. Methoden der Flächenermittlung

Zur Ermittlung und Berechnung der gebührenpflichtigen Flächen (der Schmutzwasserverbrauch steht ja fest) haben sich letztlich drei Vorgehensweisen etabliert.

Aufgezeigt soll werden, welche dieser Methoden einfach, praktikabel und dabei leicht verständlich umsetzen lässt:

 

 

               Mögliche anerkannte Maßstäbe für die Niederschlagswassergebühr sind

 

a) der Wahrscheinlichkeitsmaßstab                           b) der Wirklichkeitsmaßstab

 

                í                  î                                                          í                          î

Gebietsabflussbeiwert

Sehr grober Maßstab

Grundstücksabflussbeiwert in Stufen

Relativierter (genauerer) Maßstab

Angeschlossene

versiegelte Fläche

Detailgenauer Maßstab

Angeschlossene versiegelte Fläche

 x Versiegelungsbeiwert

 

Fläche x Gebietsabflussbeiwert:

Fläche x Grundstücksabflussbeiwert in Stufen:

 

Tatsächlich angeschlossene, versiegelte Fläche

Tatsächlich angeschlossene, versiegelte Fläche x Versiegelungsbeiwert

 

Flächen nach Mustergebieten (aus GIS)

Flächen (aus GIS),

Beiwert pro Grundstück in entspr. Zuordnungsstufe

Flächen aus Befliegung, tats. Aufmaß der Grundstücke einzeln,

Befragung der Grundstückseigentümer vor Ort

Flächen aus Befliegung, tats. Aufmaß der Grundstücke einzeln,

Befragung der Grundstückseigentümer vor Ort

 

Bürgerinformation mittels Infoschrift, Versammlungen

Bürgerinformation mittels Infoschrift, Versammlungen

Bürgerinformation mittels Infoschrift, Versammlungen

Bürgerinformation mittels Infoschrift, Versammlungen

 

Anhörung im Rathaus

Anhörung im Rathaus

Selbstauskunft

Selbstauskunft

 

Grundstücksflächen innerhalb eines Gebietes werden einem Versiegelungsfaktor (es wird davon ausgegangen, dass nicht das gesamte Grundstück versiegelt ist) zugeordnet

Einzelne Grundstücksfläche werden einem Versiegelungsfaktor zugeordnet und dieser wiederum in Stufen eingeteilt

Jeder qm des Grundstücks wird vermessen und unterteilt: Pflaster, Rasen, Dachflächen, Schotter, Rasengittersteine…..

 

Unterschiedliche Versiegelungsarten bedingen unterschiedliche Heranziehungsfaktorenè Erhöhung gebührenpflichtiger Fläche

Jeder qm des Grundstücks wird vermessen und unterteilt: Pflaster, Rasen, Dachflächen, Schotter, Rasengittersteine…..

 

Unterschiedliche Versiegelungsarten bedingen unterschiedliche Heranziehungsfaktorenè Erhöhung gebührenpflichtiger Fläche

 

Einfachste Vorgehensweise:

Die bekannten bebauten Flächen aus GIS/Orthobildern werden nach dem Grad der angeschlossenen versiegelten Flächen und einer Stufe zugeordnet

- Anhörungsblatt/Erfassungsblatt wird dem Bürger zugesandt und vom Bürger bestätigt ( auch passiv) oder in Einzelterminen angepasst

 

Nachteile:

- Abweichungen um 25 %/400 qm von der tats. versiegelten Fläche bedingen Einzelveranlagung

- Satzungscharakter der Grundstücksabflussbeiwertkarte, die amtlich bekanntgemacht werden muss

 

Vorteile:

- Abflussbeiwerte als Stufen in der Satzung dargestellt mit Puffer bei Abweichungen

- keine Karte notwendig

- Bürger kann mit Nachweis Zuordnung in eine andere Stufe erreichen

- alle Eigentümer werden nach Durchschnittswert veranlagt

- Bürger muss nicht jede einzelne qm-Veränderung melden

- Verwaltung hat geringen Folgeaufwand bei Datenpflege (grds. keine Bescheidänderungen),

da nur sporadische Anpassungen

 

 

Vorgehensweise:

Vorhandene Flächen aus GIS/Orthobildern/Befliegung werden als Lageplan einem Fragebogen beigefügt, den der Bürger durcharbeiten/korrigieren/bestätigen muss (Selbstauskunft) und mit der Verwaltung abstimmen muss

 

Nachteile:

- Rückmeldungen fehlen

- Aufwand für Bürger

- Bürger muss qm-genau seine Flächen beurteilen, melden und Veränderungen melden

- Verwaltung muss diese Veränderungen beurteilen und einpflegen (Bescheidänderungen)

-Aufwand/Kosten/Nutzen der Befliegung/Begehung: personal- und kostenintensiv   Aufwand  / Kosten / Nutzen der Befliegung/Begehung: personal-, zeit- und kostenintensiv

- dauerhaften Kontroll- und Pflegeaufwand der Flächendaten

 

Vorteil:

Jedes Grundstück ist exakt erfasst, mit welchen Flächen es tats. angeschlossen ist bzw. wo Versickerung besteht

 

 

Kosten für:

GIS/Orthobilder aktuell verfügbar

Personalaufwand (Zuarbeiten f. Externen)

Erst-Erfassung

Lt. Angebot/Auftragserteilung vom Januar 2018:

123.760 Euro

Kosten für:

Befliegung/Begehung/Aufmaß muss aktualisiert bzw. neu erstellt werden

Personalaufwand (Zuarbeiten f. Externen)

Erst-Erfassung

             - nicht ermittelt -

 

 

Fazit:

Beim Grundstücksabflussbeiwert führen unterschiedliche Versiegelungsarten nicht zu einer unterschiedlichen Heranziehung der Gebührenpflichtigen.

 

Je detaillierter der Maßstab festgelegt wird, desto höher ist bereits der Aufwand für die Ersterfassung und für die laufenden Nacharbeiten è demzufolge je höher der Aufwand, desto höher die Abwassergebühren (betriebswirtschaftlicher Aufwand).

 

 

 

II. Nachdem das Jahr inzwischen fortgeschritten ist, der Kalkulationszeitraum 2016 bis 2018 zum Ende des Jahres ausläuft und die möglicherweise angedachte Einführung der gesplitteten Gebühr bis zum 1.1.2019 nicht mehr zu schaffen ist, wird folgende Vorgehensweise empfohlen:

 

- Der Kalkulationszeitraum von bisher drei Jahren (2016 – 2018) wird um ein Jahr bis Ende 2019 verlängert. Damit gilt für die Kanalgebührenabrechnung des Jahres 2019 (im Januar/Februar 2020) letztmalig die Gebühr von 2,70 Euro pro Kubikmeter verbrauchten Frischwassers.

 

- Im Laufe des Jahres 2019 werden die Kalkulationsgrundlagen (Anlagenachweise, kalkulatorische Kosten, Frischwasser-/Niederschlagswassermaßstab) ermittelt, angepasst und angewandt auf eine dann durchzuführende Gebührenkalkulation, die ab dem Jahr 2020 gilt und auf einen vierjährigen Zeitraum (bis 2023) abstellt.